Wegbereiter und Wegbegleiter

Mit seinem medizinischen Sachverstand und seinen menschlichen Kompetenzen erwirbt er sich nicht nur in Fachkreisen höchste Meriten. Ernst von Bergmann versteht es auch auf persönlicher Ebene Freundschaft und Verantwortung zu leben. Die Gründung der Hoffbauer-Stiftung ist ohne ihn nicht denkbar.

  • 1836 geboren in Riga – 1907 gestorben in Wiesbaden
  • 1854 - 1860 Studium der Medizin an der Universität Dorpat
  • 1864 Habilitation unter seinem späteren Schwiegervater, Prof. Dr. Georg von Adelmann, Dozent für Chirurgie an der Universität Dorpat
  • 1866 Heirat mit Hildegard von Adelmann  
  • 1871 Heirat des Witwers mit Pauline Asbrand gen. von Porbeck, sie haben drei Kinder
  • 1878 Chirurgische Universitätsklinik Würzburg
  • 1882 - 1907 Berufung auf den Lehrstuhl an der Friedrich-Wilhelms-Universität (Charité) und Direktorat der Chirurgischen Universitätsklinik Berlin
  • 1884 Mitglied der Leopoldina und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie
  • 1901 - 1907 Erster Kuratoriumsvorsitzender der Hoffbauer-Stiftung

Viel mehr als nur ein hervorragender Arzt, Freund und Ratgeber im Leben des Industriellenpaares, wird Ernst von Bergmann ein wichtiger Partner von Clara Hoffbauer. Nach dem Tod ihres geliebten Ehemanns 1884 bestärkte er sie, ihr beträchtliches Vermögen schon zu Lebzeiten in eine wohltätige Stiftung zu investieren. Voll in ihre Planungen eingebunden, steht er fest an ihrer Seite – zu einer Zeit, in der solch großdimensionierte Projekte nicht von einer Frau abgewickelt werden. So befördert er die Idee zur Erweiterung der Einrichtungen auf Hermannswerder durch ein modernes Krankenhaus.

Als eine Koryphäe auf dem Gebiet der Chirurgie nimmt er intensiven Einfluss auf die Bauplanung, was die zahlreichen Briefe und Kommentare an den Blaupausen eindrücklich belegen. Auch die konzeptionelle Entwicklung von Leitungsstrukturen und Aufgabenbereichen hat er auf der Agenda. Sehr zum Leidwesen des Kaiserswerther Diakonissenvereins, der seinen Einfluss auf diese reiche Erbschaft schwinden sieht.

Ernst von Bergmann ist unerschütterlicher Verbündeter der Stifterin: So sehr ihr Steine in den Weg gelegt werden und sie ob ihrer Eigenwilligkeit – als männliches Attribut würde man Entschlossenheit sagen – diffamiert wird, steht er an ihrer Seite. So nutzt er seine guten Kontakte in die höchsten Kreise, um doch noch die kaiserliche Anerkennung der mildtätigen Stiftung zu erringen.

Und das alles auf dem Höhepunkt seiner spektakulären Karriere: Er ist zweifellos zu den größten Chirurgen seiner Zeit zu rechnen. Besonders in der Kriegschirurgie sammelt er auf verschiedenen Schlachtfeldern zwischen 1866 und 1878 viel Erfahrungen im Bereich der Extremitäten-Verletzungen: Statt der üblichen Amputation etabliert er die konservative Behandlung mit antiseptischen Verbänden und Ruhigstellung im Gipsverband. Als bahnbrechend gilt auch seine stringente Durchsetzung der Sterilisierung medizinischer Geräte und Materialien.

Als herausragender klinischer Lehrer und exzellenter Operateur wird Kronprinz Friedrich von Preußen sein berühmtester Patient. Bergmann diagnostiziert ein Karzinom am Stimmband und empfiehlt vergeblich eine Operation. 1888 stirbt der unoperierte Patient Kaiser Friedrch III. Ein international aufsehenerregender Fall.

Danach zieht es von Bergmann mit seiner Familie nach Potsdam, wo er eine prächtige Villa in der Berliner Vorstadt errichten lässt.

Umso mehr ein Anlass, sich in die Planung der Stiftung zu vertiefen: An Superlativen mangelt es dem 1893 fertiggestellten Krankenhaus nicht: „Man wird lang und wohl vergeblich in deutschen Landen suchen, um ein Krankenhaus in gleich schöner landschaftlicher Lage, unter gleich günstigen örtlichen und klimatischen Bedingungen und mit gleich hervorragender äußerer und innerer Einrichtung zu finden.“  Das zweistöckige Haupthaus mit einer Frontlänge von etwa 100 Metern und drei Querflügeln, verfügte über 120 Betten. Das Herz der Einrichtung bildet der lichtdurchflutete Operationssaal mit Labor, Röntgenraum, Apotheke und modernster Technologie.

Mit der Eröffnung 1901 übernimmt der Chirurg den Vorsitz im Stiftungskuratorium und setzt seinen ehemaligen Schüler Dr. Heinrich Wolff als Klinikleiter durch: Viel lieber hätte Clara Hoffbauer ihn selbst in der Rolle gesehen, muss sich aber notgedrungen mit dieser Personalie abfinden. Eine gute Entscheidung des treuen Wegbegleiters, sich hier ausnahmsweise durchsetzen: Dr. Wolff leitet die Klinik über 30 Jahre sehr erfolgreich und wird in den ersten Jahren bei großen Operationen durch seinen Mentor immer wieder unterstützt.

Seit 1962 trägt die höchste Auszeichnung der Bundesärztekammer für Verdienste um die ärztliche Fortbildung den Namen Ernst von Bergmanns.